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Etappe 1: Eschenlohe - Garmisch

Estergebirge: Eschenlohe (640m) -> Weiheimer Hütte (1960m) -> Talstation Wankbahn (750m) -> mit Taxi zum Hotel Schell in Garmisch (700m)

Gehzeit: 7,5 h hoehenprofil
Mittagspause: keine
Höhenmeter im Aufstieg: 1550 m
Höhenmeter als Skiabfahrt: 1200 m
Download GPS-Daten: gps-data
Download kml-Datei: kml-file
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Die wolkenverhangenen Berge, bei uns draußen gelegentlich Sonne, der schwere Rucksack und ein unbändiger Tatendrang, erzeugen einen unheimlichen Wirbelsturm in Kopf und Bauch.
Meine Mutter fährt mich nach Eschenlohe zum Bahnhof, wo Paul um 9:45 mit dem Zug von München eintrifft.
Die beiden Frauen unseres Teams, Réka und Julia, sind heute auf der ersten Etappe leider noch nicht dabei, da sie ihr Selbstgeführtes Geschäft heute noch nicht verlassen können. Sie werden heute Abend in Garmisch zu uns stoßen.
Kaum ist Paul eingetroffen, fährt uns meine Mutter noch zum Ausgangspunkt quer durch Eschenlohe; irgendwie ahnen wir, dass es Sinn mach km zu sparen.
Hier unten liegt kein Schnee, so haben wir die Ski gleich am Rucksack. Wir laufen so ca 1,5 Stunden. Mittlerweile regnet es in Strömen.
Gespurt ist von den Bundeswehr Knickgelenk-Kettenfahrzeugen Hägglund BV206S (macht eine Spur wie eine Pisten-Bulli), welche wir mit schlafenden Soldaten besetzt unten am Waldrand gesehen haben. Schade, dass die jetzt gerade bei diesem Scheiß-Wetter nicht hochfahren. Die Spur geht in vielen kleine Wellen auf und ab, so daß wir da sicher ein paar HM extra machen. Aber besser diese Wellenspur, als im verregneten tiefen Sulz spuren zu müssen – Dank an das Verteidigungsministerium!

Auf der Südseite der Hohen Kiste angekommen schlägt uns nach kurzer Sonnenphase ein heftiger Wind mit Graupel entgegen. Wir sind ja schon froh, dass es nicht regnet. An der Hütte und den Iglu’s der BW-Soldaten vorbei: „Wo wollt’s denn hin? Was nach Garmisch! Bei dem Wetter tät ich freiwillig keine Skitour machen“. Ja, es ist scheinbar unglaublich woher wir die Motivation nehmen...

Wir unterqueren die Hohe Kiste Richtung Weilheimer Hütte, die erst sehr spät bei Nebel und Schneetreiben sichtbar wird. Wir sind komplett durchnässt, der Wind lässt die Klamotten frieren. Ja der Wind. Je näher wir an das Joch kommen, umso heftiger bläst er. Kurz vor der Hütte ist uns klar, dass dies kein Pauseplatz wird. Sturm fegt um die Hütte, wir sind nur kurz im vermeintlichen Windschatten, um uns wenigstens unterhalten zu können. Nix wie rüber übers Joch und drüben ein paar 100HM mit Fellen abfahren.
Wir gehen raus in den Sturm, verlassen die suggerierte Sicherheit der Hüttenwand nur ungern, stemmen uns gegen den Wind. Noch 30m bis zum Joch, plötzlich eine Windböe – ich brauche beide Stecken um stehen zu bleiben. Da kommt noch eine Böe und meine Kapuze ist vom Kopf geblasen. Ich brauche eine Hand um nach ihr zu fummeln, aber der Wind macht es unmöglich diese zu erwischen. Dann eine noch heftigere Böe und ich liege am Boden. Wow, das war ohne Ankündigung. Leichte Panik beschleicht mich. Unbedingt die Ski unten halten, denn falls da der Wind darunterfährt, dann wirbelt es Dich nach hinten rum. Beim Sturz ist meine Bindung aufgegangen. Paul marschiert weiter, auch er ist kurz am Boden gelegen. Ich rufe ihm zu, dass er warten soll, da ich erst wieder in die Bindung rein muss. Aber es ist ein Wunder dass ich meine Worte überhaupt selber hören kann bei diesem Wind. Unglaublich wie unendlich schwierig es ist in die Bindung einzusteigen, mit schwerem Rucksack, diesem gigantischen Wind, Graupel-Nadelstichen im Gesicht und dieser Kälte. Paul ist im Schneetreiben verschwunden – gerade mal 20m vor mir.

Ich schiebe wieder vorwärts. Das kann doch nicht sein! Jetzt ist durch den Sturz auch noch die Skibrille kaputt. Der Schaumgummirand ist teilweise abgerissen und behindert die Sicht am rechten Auge. Und wieder die Kapuze weg. Ich sehe Paul seine Umrisse vor mir. Dann geht alles wieder ganz schnell. Ich sehe Paul nach rechts wegkippen und im gleichen Moment liege ich auch wieder am Boden.
Was für ein Auftakt in den bayerischen Vorbergen! Wieder etwas warten, sich sammeln und diesen kleinen Moment mit etwas weniger Wind herbeisehnen, schnell aufspringen (mit 15kg-Rucksack!) und wieder Vorwärtsschieben.
Kaum 20HM unter dem Joch wird es minimal besser – immer weiter, es geht bergab, Paul ist mit seiner Telemark-Abfahrtserfahrung schon weiter, die Sicht ist jetzt wieder bei 50m. Wieder ein paar Höhenmeter abgebaut und es wird besser, jetzt noch den Hang weiter queren um etwas im Windschatten von großen Latschen abzufellen. Nein, auch hier ist’s zu ungemütlich. Wir fahren weiter mit den Fellen an den Ski ab. Ca. 250HM unter dem Joch sind die Verhältnisse so, dass wir uns sicher fühlen. Felle runter, Tee trinken, einen Müsliriegel essen. Hier unten geht der Graupel schon wieder in Schneeregen über, aber es ist nicht mehr ganz so schlimm.
Mit den Ski fahren wir noch ca. 200HM auf dem Wanderweg Richtung Esterbergalm ab. Dann ist hier auf der Südseite zu wenig Schnee. Paul würgt seine Ski so weit wie es geht auf den letzten Schneeresten den Weg runter. Meine nagelneuen Dynafit-7-Summit-Ski leiden gewaltig (oder ich noch mehr). Plötzlich liegt Paul vor mir im Graben neben dem Fahrweg. Die Bremswirkung der paar Steine und die offene Ferse seiner Telemarkbindung haben ihn das Gleichgewicht verlieren lassen. Wie ein Maikäfer auf dem Rücken rackert er sich wieder hoch. Nix passiert und wir können schon wieder lachen.
Vorbei mit Lachen ist’s als wir wieder die Ski auf dem Buckel haben, und die Esterbergalm noch lange nicht in Sicht ist. Dafür zeigt die Uhr schon stolzen Nachmittag. Wir schieben richtig an, kommen auf die Ebene bei der Alm. Diese steht fast komplett unter Wasser-Schneematsch. Wir queren also auf teilweise aperer Almwiese rechts dran vorbei, um kurz bevor es abwärts geht auf den Fahrweg zu treffen.
Jeder der schon mal mit dem Bike zur Esterbergalm gefahren ist weiß was jetzt kommt. Steile Betonpiste oben und dann ein schräger Zieher bis zur Wankbahn Talstation. Wir fantasieren schon das Menü für heute Abend beim Italiener rauf und runter als endlich die Wankbahn in Sicht kommt. Kurz darauf ruft die Wirtin vom „Stüberl“ der Talstation ein Taxi für uns. Das Hotel „Schell“ das uns der GAP-Tourismusverband spendiert hat liegt zentral und nicht weit weg von der Pizzeria „Renzo“ die uns der Taxifahrer empfohlen hat.
Das Hotel ist einfach aber ok. Den letzten Eintrag im Gästebuch „Schlechtes Hotel. Nicht zu empfehlen!“ können wir nicht nachvollziehen.
Ausrüstung versorgen, alles zum trocknen aufhängen, Socken und T-Shirt waschen, Duschen. Ok, die erste Etappe gilt als geschafft. Erste Verluste haben wir auch schon: Paul’s eine Steighilfe würde gerne in Rente gehen und meine Skibrille dient vielleicht noch für einen Piraten-Fasching.
Schnell noch die Mädels per Handy eingewiesen, wie sie vom Bahnhof zum Hotel und dann zum „Renzo“ finden und dann ab zu selbigen. Dort essen wir einen der vielen, vielen Tellern Pasta auf dieser Tour. Dazu Salat und schnell noch eine Pizza hinterher...wir hatten ja auf der ganzen Tour fast nix gegessen. Réka und Julia stoßen zu uns.
Als sie unseren Bericht hören, sind sie ganz froh die erste Etappe ausgelassen zu haben.

Sorgen bereitet uns der immer noch stetige Schneefall und der starke Wind. Keine guten Vorzeichen was die Lawinensituation angeht. Aber die Laune ist gut und Julia singt „Sepp bleib da, du woast ja ned wias Weda wird...“.
Wir verschwinden rechtzeitig in unseren kleinen Zimmern im Hotel, schlafen unruhig, denn jetzt soll es ja erst richtig losgehen – die Vorberge liegen hinter uns und das Team ist vollständig.

Autor: Wolfgang Leistner weiter zur nächsten Etappe >>


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Etappe 1: Eschenlohe - Garmisch
Etappe 2: Garmisch - Kühtai
Etappe 3: Kühtai - Winne- bachseehütte
Etappe 4: Winnebach- seehütte - Sölden
Etappe 5: Sölden - Vernagt-Hütte
Etappe 6: Vernagt-Hütte - Hochjoch Hospiz
Etappe 7: Hochjoch Hospiz - Similaunhütte
Etappe 8: Similaunhütte - Zufallhütte
Etappe 9: Zufallhütte - Cogolo
Etappe 10: Cogolo - Breguzzo
Etappe 11: Breguzzo - Garda