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Etappe 3: Kühtai - Winnebachseehütte

Stubaier Alpen: Kühtai (1950m) -> mit dem Lift Richtung Staudamm (2330m) -> Finstertaler Scharte (2776m) -> Gruben-Schweifurter Hütte (2034m) -> Zwieselbachjoch (2870m) -> Winnebachseehütte (2362m)

Gehzeit: 9,5 h Hoehenprofil
Mittagspause: 1 h
Höhenmeter im Aufstieg: 1550 m
Höhenmeter als Skiabfahrt: 500 m
Download GPS-Daten: gps-data
Download kml-Datei: kml-file
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Die Dortmunder Hütte kann uns nicht länger halten, obwohl das Wetter wirklich nicht einladend ist. Wolkenverhangene Gipfel und leichter Schneefall zwingen uns zu sturem Blick auf den Boden. Wir stapfen zum westlichen Sessellift in Kühtai, der uns 200HM ersparen soll, hoch zum Finstertaler Stausee.
Dort schaufeln die Jungs vom Lift gerade die Einstiegtrasse frei. Julia und Paul schaufeln fleißig mit, um für uns als Lohn die Bergfahrt herauszuschlagen. Wahrscheinlich war es Mitleid mit unseren großen Rucksäcken. Jedenfalls dürfen wir mitfahren, aber gleich rückwärts während die Sessel noch aufgefädelt werden. Diese werden nämlich in einen Rückwärtsrundlauf aus dem Talstationdepot heraus auf das Seil aufgesetzt. So kommen wir alle zu unserer ersten Rückwärts-Vierer-Sesselbahnfahrt.
Oben machen wir uns an den kurzen Anstieg an der Mute vorbei, hin zum steilen Hang der zur Staumauer herunterführt. Eine Wechte ist gleich übersehn und ich kann mich grad noch fangen. Wir rutschen vorsichtig zur Staumauer runter – jeder kämpft noch um das Gleichgewicht mit den Rucksäcken die nach kurzer Umfrage in Bereichen von 11-18kg liegen.
Die Sicht ist mau und wir ziehen über die Staumauer und am östlichen Ufer des Finstertaler Stausees entlang, bis hinter dem See das Gelände endlich aufschwingt und wir in ein paar Kehren nach links (O) aufsteigen. Gelegentlich spitzt die Sonne durch und zeigt ihre Kraft – wir dampfen sofort und die die sich noch nicht eingecremt haben werden es abends auch noch merken...
Wir gewinnen an Höhe und je näher wir an die Scharte kommen, umso tiefer wird der Schnee. Wie schon vermutet liegt viel Schnee im Hang, aber die Kante ist kaum überwechtet und wir kennen das Gelände ganz gut.
Ich spure voran und wir gehen den kompletten Hang einzeln. Oben empfängt uns gleich wieder ein kräftiger Jochübergangswind, so das wir uns nicht aufhalten, sondern die einigermaßen gute Sicht zur Abfahrt nutzen.
So ziehen wir unsere bestmöglichen kleinen oder großen Bogerl, manchmal auch BIG TURNS oder eine STRAIGTH LINE in den diffus sichtbaren Schnee. Ach ja, Schnee liegt hier auf dieser Seite relativ wenig. Immer wieder muss man aufpassen um nicht „auf Grund“ zu laufen. Noch schlimmer wird’s dann im SW-Hang direkt über der Schweinfurter Hütte. Teilweise schreiten wir wie die Storche über Grasbüschel und kleinere apere Bachbetten. Abschnallen und tragen, solange eine Mulde oder Rinne mit Schnee in Sichtweite ist kommt nicht in Frage – wir werden noch genügend tragen müssen...

Auf der Schweinfurter Hütte angelangt, setzen wir uns zwischen die Tagesgäste futtern Apfelstrudel, Suppe und Gröstel – je nach Gusto. Die Küche ist hervorragend und schnell. So kommen wir mit 1h Pause gut aus und wir machen uns auf den langen Weg durch das Zwieselbachtal rauf zur Zwieselbachjoch.
Auch hier wieder im Tal sehr wenig Schnee. Viele kleinere Buckel sind abgeblasen.
Dieser Talanstieg zieht sich ewig und hätten wir Zeiger an der Uhr stünde der große auf 12 und der kleine auf 3. Es wird wohl knapp werden, aber es sollte noch im hellen klappen.
Plötzlich stöhnt Julia, sie hätte Fellprobleme. Kann nicht sein! Nagelneue Kohla-Felle auf der ersten Tour und schon Haftungsprobleme. Kaum zu glauben, aber die Dinger kleben jeweils von links und rechts ca. 1,5cm überhaupt nicht mehr und dabei drehen sie sich noch auf wie eine Schwarte auf dem Grill.
Zum geduldigen Aufwärmen fehlt uns die Zeit und Muße. Wir tapen ca. alle 30cm. Hält ganz gut, nur stollt der Schnee jetzt zwischen Fellrand und Ski und Julia hat in kürzester Zeit Knieschmerzen. Also ca. alle 300 Laufmeter anhalten, den Ski hochstellen und den Schnee mühevoll zwischen Fell und Ski rausputzen. Dies ist meine Aufgabe. Paul soll bei dem jetzt leicht zuziehenden Wetter vorausgehen, spuren und bis zur totalen Dunkelheit sicherstellen, dass wir die richtige Scharte finden. Ab dem Joch finden wir zur Not auch mit der Stirnlampe zur Winnebachseehütte. Julia und ich fallen zurück, Réka bildet die Zwischenstelle zu Paul, der langsam der zu erahnenden Scharte entgegensteigt. Mittlerweile haben sich die Hälfte der Tapes verabschiedet und ich bin der beste Fell-/Skiputzer geworden.
Das fast schon lächerliche Abendrot auf einem unendlich weit entfernt scheinenden Gipfel hinter uns ist längst verschwunden. Auf die Uhr schauen wir schon lange nicht mehr. Wir schauen nur auf die Felle die gelegentlich seitlich unter den Ski hervorstehen. Paul verschwindet hinter der Hangkante – wir sind kurz vor dem Joch. Oben angekommen erkennen wir noch gut den für uns vorgesehenen Abfahrtsweg, stopfen die Felle schnell in die Rucksäcke und machen uns auf einen „Sicherheits“-Abstieg, wo jeder jeden beobachtet, damit keiner verloren geht.
Die Winnebachseehütte versteckt sich von hier oben gesehen genau rechts um eine Hangkante herum, so dass sie erst bei restlichen 100HM sichtbar wird. Dies hat die Nerven von Réka und Julia noch mal arg strapaziert und unser „kommt gleich“, „noch a bisserl“ haben sie wohl nicht mehr geglaubt.
Dann wie Ostern und Weihnachten zusammen steht die Hütte leicht unterhalb von uns da, vor dem jetzt fast ganz dunklen Berghintergund. Die Fenster strahlen das Licht nach draußen, die Scheiben sind beschlagen. Beides Zeichen von Wohligkeit und Wärme. Diese schlagen uns auch entgegen, als wir unsere Schuhe abklopfen und die Hüttentür von Susi, der Hüttengehilfin aus Nürnberg, aufgemacht wird um uns einzulassen. Ein Lächeln wie die jüngere Schwester von der Mona Lisa und ihre Entschlossenheit unsere Leben leichter und schöner zu gestalten sind wohl ihr Erfolgsrezept. Wir sind kaum in der Hütte, erfahren wir das der Hüttenwirt heute Geburtstag hat und bereits stehend mit Weingläsern in der Hand durch die ebenfalls auf der Hütte nächtigende Gruppe Österreicher erwartet wird.
Noch in unseren nassen Klamotten stimmen wir ins Geburtstagslied mit ein. Die Gruppe Österreicher hat einen Leithammel und der heißt Franz und lässt sich gern Francesco nennen.
Kaum sind unser Sachen verräumt versorgt uns Susi mit den kulinarischen Genüssen die die heutige Halbpension bietet. Wir essen alles mit viel Appetit und genießen die Gemütlichkeit und den lustigen Abend mit den Österreichern, dem einzelgängerischen Berliner, dem Hüttenwirt mit seinem Koch und natürlich Susi.
Die lockeren Sprüche von Francesco kreuzen sich diesen Abend zwangsläufig mit den Stricknadeln von Julia. Und schwups sitzt Julia bei den Österreichern am Tisch nimmt Maß an Franzls Kopf, hält die der Augen- und Haarfarbe entsprechenden Wollebündel an sein Gesicht, und bringt allen bei wie man MYSSY ausspricht, dass so ein Ding „ganz vorne“ ist und 30 Euro kostet.
Freeride-Julie hängt sich ins Zeug und hat die MYSSY im Nu fertig. So kommt Franzl jetzt in die Zwangslage sich rauszuwinden, denn es war eigentlich schon früh klar, dass er kein Stirnband will. Aber aufsetzen muss er’s und alle bewundern es. Der Hüttenwirt holt extra den Spiegel vom Waschraum um es Franzl auch selbst zu zeigen. Es hilft alles nix – Franzl wills ned. Na dann trink ma halt noch a Glaserl auf den Wirt.
Wir studieren noch die Karten für morgen. Zusammen mit dem super Wetterbericht sieht alles nach „Ponyhof“ aus. Paul und ich kennen große Teilstrecken, Schnee ist nicht katastrophal und das Team hat sich gut eingespielt.

Autor: Wolfgang Leistner weiter zur nächsten Etappe >>


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Etappe 1: Eschenlohe - Garmisch
Etappe 2: Garmisch - Kühtai
Etappe 3: Kühtai - Winne- bachseehütte
Etappe 4: Winnebach- seehütte - Sölden
Etappe 5: Sölden - Vernagt-Hütte
Etappe 6: Vernagt-Hütte - Hochjoch Hospiz
Etappe 7: Hochjoch Hospiz - Similaunhütte
Etappe 8: Similaunhütte - Zufallhütte
Etappe 9: Zufallhütte - Cogolo
Etappe 10: Cogolo - Breguzzo
Etappe 11: Breguzzo - Garda